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Wettbewerbsfragen

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Ist es wahr, dass Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig ist? Was die Minister Habeck und Lindner jetzt weissagen, Propheten gleich, stimmt bedenklich. Aber gilt das nur für den Wirtschaftsstandort, oder vielleicht doch auch für weitere Bereiche, die für das Wohlergehen des Landes mitverantwortlich sind? Gar nicht so weit springen muss der Besorgte, dem es auch noch um andere Werte geht, um mit dieser Frage auch die Kirche zu pieksen, die wegen selbst eingebrocktem Ungemach arg empfindlich geworden ist. Aber nicht automatisch empfindsamer.

Weil es zu oft um den Erhalt der Institution und den Entwurf immer wieder neuer Strukturen geht, um vom Vertrauten wenigstens etwas in die Zukunft hinüberzuretten. Oder um bloß wieder einen Fehltritt zu vermeiden. Nur eben: Wie feinfühlig kann sie dann noch für andere sein, die wirklich Armen und Leidenden an Körper und Seele? Wie beweglich und bewegend? Wie lässt sich die wachsende Mehrheit Kirchenferner begeistern und mitnehmen? Daher: Ist die Kirche hierzulande noch wettbewerbsfähig? So lautet die bitterernste Frage.

Vor zehn Jahren hätte der so kritisch Schreibende sich katholischer Wut ausgesetzt, wenn er Organisationen vorstellte, die außerhalb der Kirche ebenfalls Gutes tun. Heute ist es aber schon Wikipediawissen, dass die Kirche sich in der Konkurrenz zu anderen Anbietern von Sozialem, Lebenshilfe und Sinn befindet. Und daher auch von Ethik und Moral. Selbst in einer Demokratie, der die Menschenwürde heilig ist, wird diese unterschiedlich ausgelegt: besonders wenn es ums Ganze geht, ums Zeugen, um Geburt, Beziehung, Kranksein und Sterben. Ausgerechnet hier sind die Katholiken nur noch eine von vielen Stimmen, zuletzt immer öfter in anderer Stimmlage als die protestantischen Geschwister.

Weil es gut in die Zeit passt: Schon gemerkt, wie viele Fastenberater es gibt? Ganz zu schweigen von den Achtsamkeitscoaches, Meditationstrainern und sowieso den Psychologen, die in Lebenswenden weiterhelfen. Das Wartezimmer von Psychiatern ist oft voller als der Anrufbeantworter des überlasteten Priesters. Der selbst klagt, dass er seltener Freude empfindet. Am Ende spendet der gebuchte Trauerredner, philosophisch und sogar theologisch geschult, aber nicht geweiht, echten Trost. Nur ein Ausschnitt des Wettbewerbs, den Kirchenleute auch deswegen zu verlieren drohen, weil manche sich schauerlicherweise mit Nihilisten verbrüdern, gewiss unbeabsichtigt. Und zwar dann, wenn sie sich selbst an Gottes Stelle setzen. Und die Welt aburteilen, statt sie zu lieben. [...]
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