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archivierte Ausgabe 51/2023
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Titelthema |
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Komm zur Ruhe! |
Komm zur Ruhe, meine Seele! |
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Die Vorweihnachtszeit bietet viele Ablenkungsmöglichkeiten. Umso schwerer ist es, sich eine Zeit der Stille zu nehmen, zu sich zu kommen, vielleicht ein Wort aus der Heiligen Schrift zu betrachten. Doch es lohnt sich. Foto: icarmen13/iStock |
»Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir. – Inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.« Dieses berühmte Wort des heiligen Augustinus aus seinen Bekenntnissen könnte in unsere Zeit hinein gesprochen sein. Zumindest gilt dies für den ersten Teil des Satzes: »Unruhig ist unser Herz.« Wohl jeder von uns kennt diese Unruhe, das Nicht-zur-Ruhe-Kommen, das ständige Kreisen der Gedanken, die Sorgen des Alltags, die überhand nehmende Arbeit, den Stress, der selbst in der Freizeit nicht ganz zum Schweigen gebracht werden kann. Doch Augustinus gibt sich mit der Beschreibung des Ist-Zustandes nicht zufrieden. Er stellt ein Ende der Unruhe in Aussicht: »… bis es Ruhe findet in Dir.« Doch wie können wir dorthin gelangen und uns in die Ruhe einüben? Eine hier beginnende Artikelreihe zeigt Wege auf.
Bei Gott zur Ruhe zu kommen, das kann doch wohl nur bedeuten, dass wir nach dem Tod bei Gott ankommen und im Schauen seiner Herrlichkeit zur Ruhe finden, so könnte man meinen. »Requiescat in Pace (R. i. P.) – Er möge ruhen in Frieden« wünschen wir den Verstorbenen. Doch auf diese Ruhe möchten wir – zumindest noch für einige Zeit – gern verzichten, und so finden wir uns mit dem scheinbar nicht zu vermeidenden Dilemma ab, dass wir in unserem diesseitigen Leben letztlich keine Ruhe finden.
Doch diese Schlussfolgerung ist voreilig. Die Lage ist ernst, jedoch nicht hoffnungslos. Es gibt tatsächlich die Möglichkeit, bereits in diesem Leben Ruhe zu finden, und zwar eine Ruhe, die sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und zugleich in hohem Maße wachsam ist und alles, was um uns herum geschieht, wahrnimmt. Wie soll das möglich sein?
Schauen wir zunächst auf einige Zeugnisse aus Bibel und christlicher Tradition. Im Alter von etwa 27 Jahren wurde der damaligen Philosophiestudentin Edith Stein (1891–1942) eine eigenartige Erfahrung zuteil. Sie beschreibt sie in ihrem Buch »Psychische Kausalität« im Rückblick wie folgt:
»Es gibt einen Zustand des Ruhens in Gott, der völligen Entspannung aller geistigen Tätigkeiten, in dem man keinerlei Pläne macht, keine Entschlüsse fasst und erst recht nicht handelt, sondern alles Künftige dem göttlichen Willen anheimstellt, sich gänzlich ›dem Schicksal überlässt‹. Dieser Zustand ist mir etwa zuteil geworden, nachdem ein Erlebnis, das meine Kräfte übersteigt, meine geistige Lebenskraft völlig aufgezehrt und mich aller Aktivität beraubt hat. Das Ruhen in Gott ist gegenüber dem Versagen der Aktivität aus Mangel an Lebenskraft etwas völlig Neues und Eigenartiges. Jenes war Totenstille. An ihre Stelle tritt nun das Gefühl des Geborgenseins, des aller Sorge und Verantwortung und Verpflichtung zum Handeln Enthobenseins.«
Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass Edith Stein tatsächlich die hier beschriebene Erfahrung zuteil wurde. Sie war eine hochgebildete, kritische Philosophin, und alles andere als eine religiöse Spinnerin; in ihren jungen Jahren verstand sie sich als Atheistin. Ihr Bericht deutet darauf hin, dass die Erfahrung, die ihr zuteil wurde, spontan auftrat, offensichtlich in einer Phase persönlicher Krise, in einer Zeit, da sie all ihrer Aktivitäten beraubt war. Heute würde man vielleicht von einem Burnout sprechen. [...]
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