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Hoffnungsort
FRANZISKUS VERSTEHEN (2) Sehen – Urteilen – Handeln

Mystik im Dienst der Macht?

Mystik im Dienst der Macht?
Eine intensive Debatte, etwa um die Frage der Zulassung bewährter verheirateter Männer zum Priesteramt, hat stattgefunden, mündete aber nicht in eine Problemlösung: Papst Franziskus bei der Amazonas-Synode 2019.
Foto: KNA
Die römischen Vorbehalte gegenüber dem deutschen Synodalen Weg beziehen sich nicht nur auf die Inhalte des Reformvorhabens von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken, sondern auch auf die Methode. Dieser Punkt wird als ein Ergebnis der Gespräche des Ad-Limina-Besuchs der Bischöfe im Gemeinsamen Kommuniqué des Heiligen Stuhls und der Bischofskonferenz ausdrücklich festgehalten. Um welche Methode geht es?

Von außen betrachtet ist diese Feststellung erstaunlich, denn die Synodalversammlung bedient sich von Anfang an bei ihren Beratungen des lehramtlich anerkannten Dreischritts Sehen-Urteilen-Handeln. Er wurde 1961 von Papst Johannes XXIII. mit der Enzyklika »Mater et magistra« in die kirchliche Lehre eingeführt, mit der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanums »Gaudium et spes« bestätigt und von Papst Paul VI. in »Octogesima adveniens« nochmals präzisiert. Wo also liegt das Problem? Die Antwort findet sich im Beitrag von Kardinal Marc Ouellet, Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, zum Treffen mit den deutschen Bischöfen am 18. November 2022. Er kritisiert, dass »das von Papst Franziskus im Juni 2019 zur Orientierung verfasste Schreiben zwar als spiritueller Bezugspunkt, aber nicht wirklich als Leitfaden für die synodale Methode aufgenommen wurde.« Wenn er darüber hinaus von einer »Distanzierung vom päpstlichen Lehramt auf der methodischen Ebene« spricht, ist das nichts weniger als der Vorwurf des Ungehorsams gegenüber der obersten kirchlichen Lehrautorität.

Sechs Monate vor der Eröffnung des Synodalen Weges am 1. Advent 2019 sollten die Bischöfe noch einmal umsteuern. Das war die Erwartung des Papstes. Sie sind ihr nicht gefolgt. Aber was steckt dahinter? Warum gibt der Papst mit der Unterscheidung der Geister einer anderen Methode den Vorzug und zwar einer, die mit der Abfolge Hören – Unterscheiden – Wählen dem bisherigen Dreischritt zum Verwechseln ähnlich ist?

Ein Blick zurück hilft, die Zusammenhänge zu durchschauen. Als Joseph Cardijn, der Begründer der Christlichen Arbeiterjugend, um 1920 die Methode für die kirchliche Jugendarbeit entwickelte, stellte er sie selbstverständlich auf den Boden des Evangeliums. In den Auseinandersetzungen um die Theologie der Befreiung in den 1980er-Jahren hat sich gezeigt, dass dieser Bezug nicht zwingend ist. Man kann innerweltliche Ideologien wie die klassenlose Gesellschaft an die Stelle der biblischen Botschaft setzen.

Vor diesem Hintergrund erinnerte Paul VI. 1971 nochmals an die Bibel und die Katholische Soziallehre als normative Basis. Aber er mahnte auch Reformen an und verlangte, die nötigen Schritte und Wege dorthin zu suchen. Das Streben nach Reformen tritt bei der Unterscheidung, die Franziskus bei seinem Amtsantritt 2013 mit »Evangelii gaudium« vorstellt, in den Hintergrund. Sie ist in der Tradition der Kirche eine moraltheologische und seit Ignatius von Loyola insbesondere eine spirituelle Methode, und als solche hat Franziskus sie seither in weiteren Lehrschreiben vertieft. [...]
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