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archivierte Ausgabe 17/2023
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Titelthema |
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Lebendige Bibel |
Lassen Sie sich von der Bibel verführen! |
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Nein, die Bibel ist kein einfaches Buch. Es braucht Appetitanregungen und manchmal geradezu Verführungskünste, um einen Zugang zum Buch der Bücher zu finden und darin einzutauchen. Foto: CentrallTAlliance/iStock |
Die Bibel ist das Buch der Rekorde schlechthin: am häufigsten gedruckt, am meisten gelesen, in die größte Zahl von Sprachen übersetzt. Seit Jahrtausenden bildet sie das Orientierungsbuch für unzählige Menschen weltweit. Kein anderes Werk hat die Künste stärker inspiriert, sei es Malerei oder Bildhauerei, Musik oder Literatur, Film oder elektronische Medien unserer Zeit. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig haben nur sehr wenige Menschen die Bibel ganz gelesen. Hand aufs Herz, liebe Leserin, lieber Leser: Gehören Sie dazu? Sie ist ein schwieriges Buch, besser: eine ganze Bibliothek aus 73 Einzelbüchern. Da stellt sich schon die Frage: Gibt es einen roten Faden, der alle biblischen Schriften verbindet? Und wie soll man die Bibel am besten lesen und schließlich deuten?
In der Bibel finden sich viele verschiedene Gattungen, von Erzählung bis Gedicht, von Gesetzestexten bis historische Chroniken, von Bekenntnis bis Gleichnis. Nein, leicht zu erfassen und zu verstehen ist dieses Kompendium nicht. Kein Wunder, dass man meistens nur Häppchen serviert bekommt, sei es in den Gottesdiensten, im Religionsunterricht oder in kirchlichen Bildungsveranstaltungen. Nur aufmerksames Lesen und Deuten kann diese Frage beantworten.
Deuten? Darf man das – die Bibel deuten? Manche Gläubige fragen sich: Liegt nicht gerade hier das Einfallstor von Zweifel und Schwächung der Botschaft? Die Kirchen haben sich jedenfalls auf einen Zugang geeinigt, um den besonderen Charakter der Bibel zu erfassen. Denn sie wird ja als »Wort Gottes« verehrt. Wie aber soll man das verstehen? Lange Zeit hat man ein fundamentalistisches Verständnis befürwortet: Jedes Wort, jeder Satz, jede Passage, jedes Buch sei wortwörtlich von Gott vorgegeben, den Verfassern eingeflüstert und dadurch unabänderlich wahr. Sie, die biblischen Verfasser, wären dann nur willenund profillose Werkzeuge der göttlichen Übermittlung.
Schon vor Langem hat man erkannt: Dieses Verständnis wird beiden nicht gerecht, Gott und den Menschen. Da sind viel zu viele objektive Irrtümer, Widersprüche, Ungereimtheiten in der Vielzahl der biblischen Bücher enthalten, als dass dieses Verständnis zutreffen könnte. Außerdem wäre es nach fundamentalistischer Lesart doch logisch, dass es nur ein Evangelium, nur einen Bericht über das Leben, Sterben und die Auferweckung Jesu geben würde. Der dann unabänderlich wahr wäre.
Aber die frühe Kirche hat es sehr klug entschieden: Der Großartigkeit des Lebens und der Bedeutung Jesu, der größten Geschichte aller Zeiten, kann man in nur einer Version nicht gerecht werden. Vier unterschiedliche Zugänge erschließen das Geschehen. Sie weisen über sich hinaus auf das Geheimnis Gottes. Wir dürfen, wir müssen dieses Geheimnis selbst erschließen, jede und jeder für sich.
»Gotteswort in Menschenwort«, so erklären das die Kirchen. Natürlich, einzelne Menschen haben in einem tausendjährigen Prozess ihre Erfahrungen mit Gott aufgeschrieben. In ihrer Sprache, nach ihrem Verständnis, in ihrem Stil, für ihre jeweilige Leserschaft. Dieser spannenden Vielfalt begegnen wir in der Bibel. In diesen breiten, ganz unterschiedlichen Zugängen dürfen wir uns auf Gottes Spuren begeben. Oder, wenn Sie so wollen: lässt ER sich erfahren.
Gott nimmt uns so ernst, dass er uns diesen Weg zutraut. Man darf die Bibel mit beidem lesen: mit Herz und Verstand. Mit Zustimmung und Kritik. Sie verliert nichts an Wert und Würde, wenn man sich auch als denkender Mensch mit ihr befasst. Im Gegenteil. Die beiden biblisch begründeten Religionen Judentum und Christentum sind eben nicht Ideologien, sondern überaus reizvolle und herausfordernde Quellen von Wahrheit und Orientierung. [...]
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