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Die Depression heilen

Reiner Schlotthauer
Reiner Schlotthauer
Eigentlich könnte es der Mensch, wenn er nur wollte, sogar mit großem Erfolg – den Frieden schaffen oder wenigstens seine Grundlage: Wenn Kleinkinder vorurteilsfrei aufeinander zugehen, sich verzankte Nachbarn übern Zaun die Hand reichen, wenn man sich vom exotisch aussehenden Gemüseverkäufer in ein Schwätzchen verwickeln lässt oder der Bürger seinen gut situierten Stadtteil verlässt, um im Flüchtlingsheim Grüß Gott zu sagen.

Es könnte so einfach sein, weil millionenfach erfolgreich erprobt. Aber es ist eben nur die eine Hälfte der Geschichte, hört man gleich bitter widersprechen, ebenfalls millionenfach. Schließlich sprechen die jüngsten Ereignisse von Paris bis nach Dresden eine andere Sprache. So heißt es. Gewiss, das ist die andere, wohl aber verschüttete Hälfte des Glases. Wie soll also der Mensch, der sich schon immer zwischen Glück und Gefährdung erlebt, seine Geschichte weiterschreiben? Für welchen Weg entscheidet er sich? Den des unentrinnbaren Unheils, der mit Ausgrenzung, Entzweiung und Zwietracht gepflastert ist? Dies wäre der Weg des ewigen Negativdenkers, des Schwarzmalers, des Humorlosen, ob gläubig oder ungläubig, ob Christ oder Muslim, der nicht einmal mehr über sich selbst und seine Bilder lachen kann. Es handelt sich um eine schwere Depression, würde die Diagnose des Psychiaters lauten – über Menschen, die Halt und Vertrauen verloren haben und dieses Loch mit Angst ausfüllen. [...]
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