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Elternhaus
VOM UMGANG MIT GEHEIMNISSEN (1)

Geheimnisse helfen bei der Ablösung von den Eltern

Geheimnisse helfen bei der Ablösung von den Eltern
Foto: iStock
Wenn ein Kind geboren wird, lautet eine der ersten Frage aus dem Freundeskreis und der Verwandtschaft: »Wem gleicht es denn?« Oft weckt eine festgestellte Ähnlichkeit Stolz und Zugehörigkeit. Wo sich hinter der Suche nach Ähnlichkeiten aber – ob bewusst oder unbewusst – der Versuch verbirgt, schon früh wissen zu wollen, wie und wer das kleine Menschenkind einmal sein wird, besteht die Gefahr, ein Kind auf eigene Erwartungen festzulegen und positive wie negative Erwartungen auf es zu projizieren.

Vergleiche mit anderen möglichst vermeiden


Wird es so musikalisch und lebensfroh wie der Onkel, dem es äußerlich ähnelt? Oder so ehrgeizig und dominant wie die Großmutter, unter der die Familie manchmal seufzte? Hier müsste es eigentlich heißen: Vorsicht! Vergleichen verboten. Äußere Ähnlichkeiten müssen nichts über Charaktereigenschaften, Temperament oder Begabungen sagen. Jeder Mensch ist ein Original, ein Unikat. Jeder Mensch birgt in sich eigene, neue Möglichkeiten. Jeder Mensch ist ein Geheimnis, das es zu respektieren gilt.

Das gilt ja auch für Erwachsene. Wo wir einen Menschen festlegen, wo wir meinen, ihn zu kennen, gar ihn zu »durchschauen«, gibt es keinen Spielraum für neue Begegnung und überraschende Entwicklungen. Matthias Claudius etwa schrieb an seine Frau: »Wir sollten einander nie so zu kennen meinen, dass wir uns nicht nacheinander sehnen müssten.« Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass wir uns mit unseren Emotionen, Stimmungslagen, Entschlüssen und unserem Handeln gelegentlich selbst ein Geheimnis, ein Rätsel sind. [...]
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